Pressemitteilung INSA-Familienstudie 2024
Familie und Kinder zentraler Krisenstabilisator und Glücksgarant – Jugend zunehmend depressiv und einsam – schlechtes Zeugnis für Familienpolitik
Familie ist der überwältigenden Mehrheit das Wichtigste – Junge Menschen suchen Halt in Familie, sehen der Zukunft aber einsam und depressiv entgegen – Chancenvergeudung im demographischen Wandel: 41 Prozent der Kinderlosen wollen Kinder, konnten Kinderwunsch aber nicht realisieren – Schlechtes Zeugnis für Familienministerin Paus und die Familienpolitik der Regierung.
Erfurt. Anlässlich des internationalen Weltfamilientages am 15. erscheint bereits zum 2. Mal eine repräsentativ angelegte Studie mit über 2.000 Befragten des Meinungsforschungsinstituts INSA für die INSA-Stiftung. Sie baut auf der großen INSA-Familien-Studie von 2022 auf, die den hohen Stellenwert der Familie bereits offengelegt hatte. Dieser Trend setzt sich nach der Corona-Krise fort und bestätigt die weiter wachsende Bedeutung von Familie und ihre zentrale Aufgabe als Krisenstabilisator.Familie ist für 87 Prozent wichtiger Faktor. Sie ist für 60 Prozent wichtigster Anker und Ratgeber aber auch soziale Absicherung in Lebens- und Krisensituationen, während staatliche Einrichtungen nur noch von 16 Prozent und Kirchen nur noch von 6 Prozent als Ansprechpartner in Krisen aufgesucht werden – ein eklatanter Bedeutungsverlust.
Das Zusammenleben der Familie als klassische Vater-Mutter-Kind-Familie befürwortet die überwältigende Mehrheit von 86 Prozent als das wünschenswerte Lebensmodell mit Kindern. Auch hier zeigt sich ein konstanter Wert entgegen allen politischen und medialen Debatten über die Öffnung der Gesellschaft zur Vielfalt der Familienformen.
Die Studie zeigt überraschend und besorgniserregend: Einsamkeit und auch Depression ist jung! In beiden Themenkomplexen zeigt die Generation der unter 30-Jährigen die höchsten Werte, während die Generation 70plus am wenigsten einsam ist. Faktoren wie Corona-Lockdowns, Homeoffice und auch eine zunehmende Verlagerung von Beziehungsstrukturen in den digitalen Social-Media-Raum scheinen die junge Generation zunehmend zu belasten. Die „Strategie der Bundesregierung gegen Einsamkeit“ aus dem Herbst 2023 erreicht offenbar nicht die wahren Bedürfnisse der Menschen. Dazu zeigt sich eine breite Unzufriedenheit mit der Familienfreundlichkeit und der Familienpolitik der Bundesregierung, die Wertschätzung und Anerkennung aber auch Problemlösungskompetenz vermissen lässt.
Zu den Ergebnissen im Einzelnen:
Erfurt. Die Wichtigkeit der eigenen Familie ist innerhalb der deutschen Bevölkerung erneut gestiegen. Ganze 87 Prozent der gaben an, dass ihnen Familie sehr wichtig (67%) und eher wichtig (20%) sei. 58 Prozent der Befragten hat eigene Kinder, bei diesen schnellt der Wert gar auf 95 Prozent an, wobei es kaum einen Unterschied macht, ob noch minderjährige Kinder im Haushalt leben (91%) oder bereits ausgezogen sind (87%). Die wenigsten eigenen Kinder hat die junge Generation zwischen 18-29 Jahren (25%), wobei der Wert bei den 30 bis 39-Jährigen auf 59% Prozent mit Kindern rasant ansteigt. Die Älteren haben in der absoluten Mehrheit Kinder, 81 Prozent aller über 70-Jährigen sind Eltern.
Mehr Kinder im Osten und in hohen Einkommensstufen
Das Ost-West-Gefälle der Elternschaft hat sich weiter verringert, Ost-Deutsche haben aber im Durchschnitt mit 66 Prozent immer noch deutlich häufiger Kinder, als Westdeutsche (56%).
Nach Einkommen haben jene mit einem Haushaltseinkommen unter 1.000 Euro in der absoluten Mehrheit (68%) keine Kinder, während in allen anderen Einkommensstufen mehrheitlich Kinder leben. Die meisten Kinder haben Menschen mit einem monatlichen Haushaltseinkommen von 4.000 Euro und mehr (69%).
Hohe Zahl verpasster Kinderwunsch-Realisierung
Besorgen muss angesichts einer weiter stagnierenden Geburtenrate in Deutschland, die zuletzt laut Statistischem Bundesamt nur noch bei 1,36 Kindern pro Frau lag (Herbst 2023), dass 41 Prozent der befragten Kinderlosen angaben, dass sie sehr wohl Kinder wollen, oder gewollt hätten, diesen Wunsch aber offenbar (noch) nicht realisieren konnten. Besonders hoch sind die Zahlen bei den 18-29-Jährigen (48%) und den 30-39-Jährigen (46%), wo demnach fast jeder Zweite seinen Familienwunsch noch nicht erfüllen konnte, obwohl er sich in der klassischen Familiengründungsphase befindet. Auch in der Gruppe der 50-59-Jährigen konnten 45 Prozent ihren vorhandenen Kinderwunsch offenbar niemals realisieren.
Vater-Mutter-Kind als klare Wunschkonstellation
Die klassische Familie aus Vater, Mutter und Kindern favorisiert die Mehrheit als optimale Lebensform der Familie mit Kindern. Ganze 86 Prozent aller Befragten finden es eher (33%) oder sogar sehr wünschenswert (53%), dass Kinder sowohl mit Vater als auch mit Mutter in einem Haushalt leben. Nur 5 Prozent der Befragten hält das für keine wünschenswerte Lebenskonstellation mit Kindern. Menschen mit einem religiösen Glauben favorisieren die klassische Familie deutlich häufiger (im Schnitt 90 Prozent bei allen christlichen und auch islamischen Glaubensgemeinschaften) als Konfessionslose, die diese Ansicht nur zu 72 Prozent teilen.
Familie macht glücklich und ist Halt in der Krise
Familie bleibt weiterhin Glücksgarant Nummer Eins unter allen Befragten. Dreiviertel (76%) geben an, dass Familie sich positiv auf ihr Glücklichsein auswirkt, Menschen mit Kindern bestätigen dies sogar zu 87 Prozent. Familie ist zudem größter Halt in Krisenzeiten. 60 Prozent aller Befragten würden sich in einer Krise zuerst an die Familie wenden, weitere 38 Prozent an Freunde, nur 16 Prozent an staatliche Beratungsstellen, weit abgeschlagen stehen die Kirchen mit nur 6 Prozent, die dort einen Ansprechpartner suchen würden. Der Glaubwürdigkeitsverlust der Kirchen, der sich in konstant steigenden Austrittszahlen der großen Amtskirchen dokumentiert, wird auch hier bestätigt: Die Familie wird zehn Mal so häufig als Stütze in Krisensituationen genannt wie die Kirche!
Auch im Alter hält Familie zusammen, 50 Prozent geben an, sie wären bereit, Angehörige zu pflegen, 16 Prozent tut es bereits. Menschen mit Kindern sind zudem häufiger bereit zur Pflege der Elterngeneration (55%) als Kinderlose (45%).
Familie wird von drei Viertel (73%) als soziale Absicherung empfunden. Auch hier verstärkt sich diese Wahrnehmung auf bis zu 86 Prozent bei den Befragten mit Kindern im eigenen Haushalt.
Junge Generation depressiv und einsam
Besorgniserregend erscheint, dass vor allem junge Menschen den höchsten Anteil jener stellen, die angeben, sich in einer Depression zu befinden oder bereits eine hinter sich zu haben. Während 52 Prozent aller Befragten noch nie eine Depression hatten, haben jene unter 30 Jahren mit 55 Prozent die höchste Depressionsrate. Auch in Sachen Einsamkeit nehmen die Befragten unter 30 mit 39 Prozent den Spitzenplatz ein, insgesamt fühlt sich gut jeder Vierte (27%) in der Gesellschaft einsam. Kinderlose sind eher einsam, jeder Dritte (32%) von ihnen gibt Einsamkeit an, aber nur jeder Vierte mit Kindern (24%). Einsamkeit ist klar Sache der Jugend, die Generation 60plus ist mit durchschnittlich nur 20 Prozent die am wenigsten einsame Bevölkerungsgruppe.
Schlechtes Zeugnis für Familienministerin Paus und ihre Politik
Auffällig ist der Vertrauensverlust der Bevölkerung in die Familienkompetenz des Staates und des Familienministeriums. Es fehlt an Familienfreundlichkeit, Anerkennung und Zukunftslösungen. Nahezu jeder Zweite (49%) hält Deutschland für nicht kinderfreundlich. Die Generation unter 40 bewertet die Lage positiver (55%) als die ältere Generation mit Erfahrungswissen (38-40%). Westdeutsche (45 Prozent) bewerten die Kinderfreundlichkeit zudem besser als Ostdeutsche (38%). Es fällt auf, dass nicht etwa die Betroffenen selbst die Gesellschaft am kinderfeindlichsten empfinden (43%), sondern die Beobachter ohne eigene Kinder im Haushalt Deutschland gar am kinderfeindlichsten bewerten (51%).
Ein nahezu vernichtendes Zeugnis wird der aktuellen Familienpolitik der Ampelregierung ausgestellt: Über die Hälfte (56%) ist der Meinung, dass Familie in der deutschen Politik nicht genug Anerkennung genießt. 38 Prozent sind der Meinung, Lisa Paus mache als Familienministerin einen eher schlechten Job nur 22, das ist nicht einmal ein Viertel, geben ihr eine eher bessere Note. 27 Prozent, also fast ein Drittel, kennt Lisa Paus überhaupt nicht. Nimmt man nur jene 60 Prozent, die wissen, wer sie ist, finden nahezu zwei Drittel (63%), dass sie keine gute Arbeit leistet.
Ruft man hier noch einmal jene 41 Prozent der Kinderlosen in Erinnerung, die einen unerfüllten Kinderwunsch hegen, zeigt sich eine politisch deutlich verpasste Chance, dem demographischen Wandel mit einer guten Familienpolitik entgegen zu wirken.